
Historisches
Das Gemeindegebiet von Frauenkirchen ist altes Siedlungsgebiet. Funde aus der Jungsteinzeit sowie aus der Römerzeit beweisen diese Tatsache. Zwei „römische Gutshöfe“, der eine auf den „Kleinhäusleräckern“ südlich von Frauenkirchen, der zweite auf den „Langäckern“ im nördlichen Gemeindegebiet weisen auf eine ausgedehnte Besiedlung hin. Historisch interessierte Schatzsucher sind hier mit ihren Detektoren oftmals anzutreffen.
Die erste urkundliche Erwähnung nennt Frauenkirchen als „Zenmaria“. Diese Bezeichnung geht auf eine Hotterbegehung im Jahre 1324 zurück. 1335 war die Kirche „Zenmaria“ gemäß einer Urkunde aus der Burg Forchtenstein bereits ein vielbesuchter Wallfahrtsort. Das wertvolle Marienbild, eine syrisch-koptische Ikone, dürfte sich schon in der damaligen Kirche befunden haben. Dieses Gnadenbild hängt heute in der Basilika auf dem ersten Seitenaltar und wurde aus dem Heiligen Land vermutlich von Kreuzfahren hierhergebracht.
Im Jahr 1379, so schreibt die Chronik, war „Zentmaria“ ein „öder, menschenleerer Besitz“. Die Kirche habe damals bestanden. Im Jahre 1482 wird die Kirche „Unsere liebe Frau auf der Hayd“ genannt.
Im Jahre 1529 zog ein riesiges türkisches Heer gegen Wien. Die Kirche wurde zerstört, die Menschen vertrieben.
1628 werden in der Chronik „die Ruinen der öden Kirche der Puszta der seligen Jungfrau Maria“ erwähnt. Im Jahre 1659 stellt eine kirchliche Visitation fest, dass noch große Quadersteine von der Kirche sowie Teile des Turms erhalten sind. Morgens und abends werde zum „Engel des Herrn“ geläutet. „An den Marienfeiertagen kommen Menschen aus der ganzen Gegend zusammen und beten vor dem Bilde, das trotz der Zerstörung der Kirche erhalten geblieben ist“, schreibt Pater Gratian Leser in seiner lesenswerten Chronik.
Im Jahre 1653 besucht Graf Paul Esterhazy das verödete Frauenkirchen und findet in den Trümmern das alte Gnadenbild unversehrt vor. Er beschließt, die Kirche wieder aufzubauen, einen Meierhof zu errichten und den Ort neu zu gründen. Den neuen Siedlern wurde Abgabenfreiheit für 12 Jahre gewährt. 1668 wurde von Kaiser Leopold I. das Marktrecht verliehen.
Das Jahr 1683 brachte Tod und Verzweiflung in die neu entstehende Gemeinde. Tatarische Reiter unter ihrem Khan Murat Giraj stürmten auf ihren Pferden im wilden Galopp heran, schossen mit ihren gefährlichen Brandpfeilen aus großer Entfernung das Kirchendach und das Kloster in Brand. Die Menschen suchten Schutz im Kloster. Vergeblich! Die Krummsäbel taten ihr blutiges und tödliches Handwerk. Die Menschen wehrten sich, viele wurden getötet, Kloster und Kirche geplündert. Vom
mutigen Widerstand künden drei Tatarengräber außerhalb der Klostermauern. Zwei Patres wurden gefesselt und abgeführt. Beide mussten bei der Belagerung Wiens Schanzarbeit leisten. Durch Bezahlung eines hohen Lösegeldes wurden die beiden Franziskaner nach dem Rückzug des türkischen Heeres befreit.
In diese turbulente Zeit fällt auch die Ansiedlung der Juden in Frauenkirchen. Auf der „Judenhöhe“ fanden sie im Jahre 1678 ein erstes Zuhause. Wenige Jahre später stellt Fürst Paul Esterhazy den Juden gegen Bezahlung einer „Toleranzgebühr“ ein genau eingegrenztes Gebiet zwischen „oberen und unterem Ort“ zur Verfügung.
Im Jahre 1695 wurde der Grundstein der heutigen Basilika gelegt. Fürst Paul I Esterhazy holte hervorragende Künstler nach Frauenkirchen. Francesco Martinelli war Baumeister und Architekt. Die reichen Stuckarbeiten stammen von Pietro Antonio Conti, die Fresken an Decke und Wänden sind das Werk des großartigen Malers Luca Antonio Colombo. In nur siebenjähriger Bauzeit stand der barocke Prachtbau in strahlender Schönheit da. Zu den großen Marienfeiertagen, 15. August und 8. September, pilgern und pilgerten Tausende in großen Prozessionen nach Frauenkirchen. Auch heute noch kommen sie aus allen Teilen des pannonischen Raumes. Die Wallfahrt aus Weiden ist seit 1660 belegt, die Neusiedler pilgern seit 1679 in ununterbrochener Folge, sogar während der Zeit des Nationalsozialismus kamen sie in das Heiligtum auf der Heide. Große Prozessionen kamen aus Wien, Ödenburg, Raab/Györ und Komorn. Die Nachbargemeinden Frauenkirchens pflegen auch heute noch die gelobten Wallfahrten. Interessant ist die Tatsache, dass während der siebenjährigen Bauzeit der
Wirt des Estzerhazyschen Brauhauses, Michael Perger, der geistliche Vater des Franziskanerklosters war. Er war Mitglied der Gürtelbruderschaft, welche hunderte Mitglieder in der gesamten Monarchie hatte.
Immer wieder suchten gefährliche Seuchen die Region heim. 1812/13 wütete die Pest, raffte allein in Frauenkirchen 67 Menschen hinweg, davon fünf Franziskaner. Die Pfarre Frauenkirchen errichtete zum Dank für die überstandene Pest die Rochus- und Rosalienkapelle an der Altenburger Straße.
1849 wütete die Cholera im Ort, 75 Tote! Auch von der Heuschreckenplage blieben die Dörfer der Heidebodens nicht verschont. Während des ersten Weltkrieges brach im Kriegsgefangenlager/Serbenlager der Flecktyphus aus, der sich auch im Dorf ausbreitete. Im Lager gab es 5000 Tote, die in Massengräbern beigesetzt wurden. Der damalige Gemeindearzt Dr. Johann György war Spezialist auf dem Gebiet der Typhusbekämpfung und rettete durch sein hohes Fachwissen viele Erkrankte vor dem sicheren Tod. Dr. György genoss hohes Ansehen bei der Bevölkerung. Trotzdem schikanierten später die Nationalsozialisten den Verdienstvollen. György musste Frauenkirchen verlassen. Im Jahre 1944, in Budapest, konnte er sich vor dem Transport nach Ausschwitz nur dadurch retten, dass er den Weg in den Freitod ging.
Bis zu Jahre 1938 habe es in Frauenkirchen keinen spürbaren Antisemitismus gegeben, schreibt Paul Rosenfeld, der letzte jüdische Mitbürger (verstorben 2003), in seinen Lebenserinnerungen. Erst am 11. März 1938 sei der Judenhass explodiert, als die siegestrunkenen Nationalsozialisten von der Siegesfeier aus Eisenstadt zurückkehrten und sämtliche Fenster der jüdischen Häuser, der Geschäfte und des Tempels zerstörten. Die rücksichtslose Vertreibung hatte begonnen. Vorher gab es ein respektvolles Zusammenleben der christlichen und der jüdischen Gemeinde. Ein Beispiel: Die Frauenkirchner Feuerwehr wurde im Jahre 1880 in einer gemeinsamen Initiative des katholischen Pfarrers, Pater Nemesius Nabinger, und des jüdischen Rabbiners, Bernhard Österreicher, gegründet. Bei der ersten Generalversammlung wurde Pater Nemesius Nabinger zum Präsidenten und Dr. Bernhard Österreicher zum Kassier gewählt. Auch die restlichen Funktionen wurden gleichberechtigt vergeben.
Den Tempel, wie er auf nebenstehendem Foto virtuell dargestellt ist, gibt es heute nicht mehr. Im Feber 1939 wurde er von den Nationalsozialisten abgetragen. Die im Biedermeierstil geplante Synagoge war im Jahre 1843 errichtet worden. 1932 wurde das Gebäude renoviert und in einer sehr schönen Farbgebung, wie Zeitzeugen berichten, ausgestaltet. Auf Grund von Kostenvoranschlägen, Rechnungen, Baumeistervertrag, Zeitzeugen, etc. konnte das Innere rekonstruiert werden. Heute steht am Platz des ehemaligen Tempels der „Garten der Erinnerung“. Ein modern gestaltetes Denkmal, welches die Geschichte der jüdischen Gemeinde von Frauenkirchen anschaulich zeigt.
(©Franz Wegleitner)
